Alfons Berg - 12 Jahre Schiri in der Bundesliga
Quelle: Fußball im Rheinland, Ausgabe 6/05

"Ich wollte dem Fußball immer nur Gutes tun"

Zwölf Jahre lang vertrat Schiedsrichter Alfons Berg aus Niedermennig den Fußballverband Rheinland in der Bundesliga. Im Oktober 2005 feierte der Ex-Schiri seinen 50. Geburtstag. "Fußball im Rheinland" hat mit dem ehemaligen Erstligareferee gesprochen:

Dreieinhalb Jahre sind seit Ihrem letzten Bundesligaspiel vergangen. Vermissen Sie die Bundesliga-Stadien heute?

Berg: Mittlerweile überhaupt nicht mehr. Ich habe mir früh genug Gedanken gemacht über die Zeit nach meiner Karriere und bin somit nicht in ein Loch gefallen. Im Gegenteil: Nach 20 Jahren ist die Last abgefallen, sich jedes Wochenende voll konzentrieren zu müssen.

Was hatte Sie 1974 dazu bewogen, überhaupt die Schiedsrichter-Prüfung abzulegen?

Berg: Mit 18 Jahren spielte ich in Pellingen selbst Fußball. Als der Verein einen Schiedsrichter brauchte, hatte ich Lust, das einfach mal auszuprobieren. Aber noch nicht mit dem Hintergedanken Bundesliga.

Wann kam der Leistungsgeanke bei Ihnen hoch?

Berg: Mit dem Beginn meines Studiums in Wiesbaden. Da ich nicht mehr regelmäßig am Fußballtraining teilnehmen konnte, war mein Stammplatz beim SV Tälchen Krettnach weg. Als Schiedsrichter konnte ich dagegen für mich selbst trainieren. Nicht mehr mit den Kumpels zusammen zu sein, sindern als Einzelkämpfer seinen Weg zu gehen - das war für mich am Anfang allerdings auch schwierig.

1989 führte Ihr Weg schließlich in die Bundesliga - was waren für Sie die Highlights in den folgenden Jahren?

Berg: An erster Stelle das Pokalendspiel im 2000, Bremen gegen Bayern. Neben den vielen Derbys in der Bundesliga auch die Spiele in den neuen Arenen, zum Beispiel das erste Spiel in der neuen Schalke-Arena. Und natürlich auch die Auslandseinsätze als vierter Offizieller. Da hatte man nicht ganz so viel Verantwortung. Durch den Fußball lernte ich viele europäische Städte kennen.

Stichwort Pokalendspiel: Als Sie nach dem Spiel die Medaille überreicht bekamen und die Zuschauer Sie auspfiffen, haben Sie die Arme hochgenommen und die Finger zum Victory-Zeichen gespreizt...

Berg: Das war ganz spontan. In dem Spiel ging es voll zur Sache, die Emotionen waren groß - trotzdem hat alles gut geklappt. Als ich dann mit geschwellter Brust die Medaille entgegen nahm, wollte ich zeigen, dass auch wir Schiedsrichter zum Gelingen des Pokalfinales beigetragen hatten. Und dass man als Schiedsrichter nicht den Kopf in den Sand stecken muss.

Acht Jahre zuvor hätten Sie Ihre Karriere allerdings fast beendet: nach einem nicht gegebenen Elfmeter am letzten Spieltag für Eintracht Frankfurt, die daraufhin die Meisterschaft verpassten.

Berg: Als ich die Bilder nachher im Fernsehen sah, war es auch für mich ein Elfmeter. Für die Öffentlichkeit war es sicherlich der größte Fehler meiner Karriere. Ein solches Negativerlebnis hatte ich zuvor nie gehabt. Ich wollte dem Fußball immer nur Gutes tun - hier hatte ich etwas schlecht gemacht. Meine Frau und Freunde mussten mich aufmuntern, weiter zu pfeifen. Es hat aber eine Saison lang gedauert, bis ich wieder an mein altes Leistungsniveau heran kam.

Was hat sich am "Schiedsrichter sein"
in zwölf Jahren Bundesliga verändert?

Berg: In den ersten Jahren waren wir
Schiedsrichter Amateure. Ein
Bundesliga-Spieltag was ein dreitägiges
Erlebnis: die Stadt, die Menschen und
als Höhepunkt ein Bundesligaspiel.
Heute ist der Erwartungsdruck an den
Schiedsrichter viel höher, alles ums
Spiel herum gerät in den Hintergrund.
Die Professionalität hat damit zwar
zugenommen, die Kameradschaft im
Schiedsrichter-Team hat jedoch gelitten.
Dafür gibt es statt 100 DM inzwischen
3000 € für ein Spiel.

Nach Ihrem letzten Bundesligaspiel 2002 haben Sie der Pfeiferei komplett den Rücken zugekehrt. Warum?

Berg: Ich wollte erst einmal Abstand gewinnen und sehen, wie das zu Hause so ist. Nach einem Jahr Pause war ich dann aber wieder heiß: Ich wollte Schiedsrichter-Beobachter werden und hatte diesbezüglich meine Vorstellungen. Und die Erwartung in der Bundesliga eingesetzt zu werden.

Wie kam es dann?

Berg: Mein erstes und einziges Bundesligaspiel beobachtete ich im Februar des Folgejahres. In der Zweiten Liga wurde ich meist bei Spielen mit FIFA-Schiedsrichtern eingesetzt. Und in der Regionalliga war für mich auch nicht erkennbar, dass meine Fähigkeiten gebraucht würden. Ich bin daraufhin nicht im Streit geschieden - sondern weil meine eigenen Erwartungen nicht erfüllt wurden.

Sie saßen unter anderem schon als Mitglied im Verbandsschiedsrichterausschuss und im Ausschuss Trier-Saarburg. Wäre solch ein Posten für Sie in Zukunft noch mal ein Thema?

Berg: Falls Erich Schneider beim außerordentlichen Verbandstag im vergangenem Jahr nicht wieder angetreten wäre, hätte ich zur Verfügung gestanden. Aber ich wäre auf keinen Fall gegen ihn angetreten. Es ist aber auch klar: Je länger ich vom Fußball weg bin, desto unwahrscheinlicher wird es, dass ich noch einmal zurückkomme. Andere Hobbys füllen meine Zeit auch aus.

Welche Hobbys sind das?

Berg: In Niedermennig gibt es vier Ehepaare, die viel miteinander unternehmen. Ein oder zwei Mal im Monat machen wir Fahrradtouren, gehen wandern oder zum Beispiel zwei Mal im Jahr geht es zu Hüttenwanderungen in den Alpen. Auch als Laboringenieur an der Fachhochschule Trier habe ich viel zu tun.

Abschließende Frage: Wie sehen Sie die Zukunft des Schiedsrichter-Wesens im Verband Rheinland?

Berg: Es war eine fantastische Zeit, drei Schiedrichter aus dem Rheinland in der Bundesliga zu haben. Jetzt befinden wir uns in einem kleinen Loch. Das bietet jedoch auch die Chance, dass vermehrt gesichtet wird. Lehrgänge sind zwar auch wichtig, um Leute zu motivieren. Aber am Wichtigsten ist es, die Schiedsrichter bei ihren Spielen auf dem Fußballplatz zu sehen und ihnen dort weiter zu helfen. Talentierte und motivierte Schiedsrichter werden sich auch in Zukunft durchsetzen.

Das Gespräch führte David Bittner

Alfons Berg (* 10.10.1955)

Seine Schiedsrichterkarierre:
- 7. April 1974 Schiedsrichter-Prüfung
- ab Saison 1977/78 Bezirksliga
- ab Saison 1980/81 Verbandsliga
- ab Saison 1983/84 Oberliga
- ab Saison 1986/87 2. Bundesliga
- ab Saison 1989/90 1. Bundesliga
- 1993 - 1996: Jungschiedsrichterbetreuer des Kreises Trier-Saarburg.
- DFB - Schiedsrichter der Saison 1996/97
- 1996 bis 2001 Mitglied im Verbandschiedsrichterausschuss des Fußballverbandes Rheinland

Statistik:
155 Erstligaspiele, 80 Zweitligaspiele;
Er leitete das DFB-Pokal-Finale 2000 zwischen Werder Bremen und Bayern München.


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